Wir hätten da mal einen Vorschlag für das Wort des Jahres: Prompten! Vor 12 Monaten kannten den Begriff nur Nerds, jetzt „prompten“ die meisten von jeden Tag. Weil 2023 als das Jahr in die Geschichte eingehen wird, in dem Künstliche Intelligenz unseren Alltag umgekrempelt hat.

Unter Prompten versteht man die Kommunikation mit den neuen Tools, die Eingabe von Textbefehlen, um in Sekundenschnelle das Konzept für die nächste Keynote, fotorealistische Bilder, elaborierte Reiserouten oder fertige Podcasts zu erhalten. Der Hype um ChatGPT hat jedoch auch gezeigt: KI macht teilweise unglaubliche Fehler, lügt uns an und führt in rechtliche und moralische Grauzonen. Zeit, mehr über Chancen und Risiken zu diskutieren!

Inhaltsverzeichnis

Was ist Künstliche Intelligenz?
So sehr wird KI Kommunikation und Marketing verändern
KI in der Kommunikation – Chance oder Risiko?
KI-Tools als Assistenz
KI kennt nur Wahrscheinlichkeiten statt Wahrheiten
Routineaufgaben haben einen Wert
ChatGPT: Eine Revolution im Bereich KI?
Ausblick: Die eigene Kompetenz hinter der KI ist wichtiger denn je

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Von Natur aus haben wir Angst vor Veränderung, vor allem wenn etwas schwer Greifbares auftaucht, das unsere Routinen obsolet machen könnte.

Ende der 80er war so ein Schicksalsjahr. Der Physiker Tim Berners-Lee ist dafür verantwortlich, dass wir nicht mehr stundenlang in Nachschlagewerken nach Informationen suchen müssen oder zahlreiche Wissensbücher und Ratgeber unsere Wohnung füllen. Er entwickelte das Word Wide Web und legte damit den Grundstein, wie wir heute arbeiten, denken und handeln.

Jetzt sehen wir uns einer neuen Innovationswelle gegenüber, die neue Spielregeln für Arbeit und Zusammenleben schaffen dürfte: dem Einzug von Künstlicher Intelligenz in unseren Alltag.

In Kommunikation und Marketing geht die Disruption aktuell vor allem von ChatGPT und anderen Large Language Models aus. Der US-Shootingstar ChatGPT sammelte in den ersten zwei Monaten über 100 Millionen Nutzer ein – und übernimmt damit klar die Spitze der am schnellsten wachsenden Online-Plattformen, noch weit vor TikTok, Netflix und Co. Der Grund dafür: die Einfacheit. Was wir Anfang 2023 erlebt haben, war nicht so sehr ein technologischer Meilenstein, sondern eher eine Interface-Revolution: Zuvor hatte es fundierte IT-Kenntnisse gebraucht, um KI sinnvolle Antworten zu entlocken. Jetzt, da ChatGPT, Dall-E oder Perplexity so einfach zu bedienen sind wie WhatsApp oder Google, kann plötzlich jede:r Laie mit KI arbeiten. Und daher ist auch der Impact auf die Berufswelt so groß.

Wir sind überzeugt, dass KI eine große Chance für unsere Branche Kommunikation und Marketing darstellt – gerade weil sie so früh davon „betroffen“ ist und sich verändern muss. Wir waren als Agentur schon mit ChatGPT in Kontakt, als das Tool noch „InstructGPT“ hieß und man ihm ernsthaft glauben machen konnte, Christoph Kolumbus sei erst 2015 in die USA gekommen. Inzwischen haben wir selbst im Alltag rund einem Dutzend Tools im Einsatz und beraten Kunden aus ganz Deutschland bei Fragen rund um Künstliche Intelligenz in Kommunikation und Marketing.

In unseren KI-Workshops schlagen wir dabei die Brücke zwischen Theorie und Praxis, führen mit griffigen Beispielen an den Einsatz von KI-Tools heran und verraten zahlreiche Tipps und Tricks.

Was ist Künstliche Intelligenz?

Aber starten wir erstmal mit der Basis. Was heißt eigentlich Künstliche Intelligenz und wie arbeitet und funktioniert sie? Künstliche Intelligenz oder KI bedeutet: Eine Maschine wird so programmiert, dass sie menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen und Kreativität imitieren kann. Wie gut und erfolgreich die Ergebnisse sind, dafür sind wir Menschen selbst verantwortlich. Nur wenn wir korrekte Zahlen, Daten und Fakten einspeisen, können sie von der KI richtig wiedergegeben werden. Ohne die Fähigkeit, richtig und falsch, Wahrheit und Fiktion zu unterscheiden, kombiniert sie ihre Inhalte aus unzähligen Datensätzen nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip. Je häufiger die KI Aufgaben wiederholt, desto besser werden die Ergebnisse.

So sehr wird KI Kommunikation und Marketing verändern

Laut einer Umfrage der University of Oxford sahen schon 2020 fast 70 Prozent der befragten Medienunternehmen Künstliche Intelligenz als den wichtigsten technischen Wegbegleiter im Journalismus voraus. Dies deckt sich mit einer Umfrage unserer Agentur: Demnach sehen zwei Drittel der Kommunikator:innen in GenAI mehr Chancen als Risiken. Überraschenderweise jedoch arbeiten weniger als 25 Prozent mit den bekannten KI-Tools. Heißt: Die Neugier ist da, aber nur wenige setzen ChatGPT & Co so ein, dass sie einen echten Mehrwert bieten.

Auch Unternehmen haben die Potenziale erkannt: Marketingfachleute betrachteten die neuen Tools überwiegend als „Game-Changer“, die ihnen im Schnitt fünf Arbeitsstunden pro Woche einsparen – so eine Umfrage von Salesforce und YouGov im Sommer 2023. Anders als lange gedacht, sind es dabei nicht die einfachen Jobs, die die KI revolutioniert, sondern eher die der kreativen Geistesarbeiter. 

KI in der Kommunikation – Chance oder Risiko?

Chancen der Künstlichen Intelligenz

  • Hohe Effizienz: Einfache Aufgaben lassen sich schnell und ressourcenschonend erledigen
  • Präzision: Fehler passieren nur innerhalb eines gewissen Toleranzbereichs und sind leicht zu prognostizieren 
  • Wiederholbar: KI-Tools meistern Routineaufgaben. Gleiche Eingaben liefert dabei immer gleiche Ergebnisse
  • Skalierbarkeit: Große Datenmengen analysieren und zusammenfassen, Muster und Trends entdecken

Risiken der Künstlichen Intelligenz

  • Ohne persönliche Erfahrung stellt die KI in der Regel nur den Durchschnitt oder Mutmaßungen dar
  • Die KI braucht zum Erfolg manuelle Kontrolle, regelmäßige Pflege und stetige Anpassungen
  • Die KI kennt keine Wahrheiten, nur Wahrscheinlichkeiten
  • Wissenslücken: Übernimmt die KI auch Recherchen, werden Hintergründe für Redakteur:innen undurchsichtiger

KI-Tools als Assistenz

Unsere Erfahrung in der Agentur zeigt, dass sich Tools wie ChatGPT am besten als Assistenten (oder Assistentinnen …?) einsetzen lassen. Mit ihrem aktuellen Entwicklungsstand können sie trendige Ideen liefern, Inhalte in Textform gießen, neue Blickwinkel eröffnen oder kreative Impulse geben. Sie arbeiten rasend effizient und schenken uns, bei richtiger Anwendung, wertvolle Zeit für andere Tätigkeiten.

Seit OpenAI Ende März 2023 den Plugin-Store von ChatgPT gestartet hat, sind die Funktionen des Tools noch viel umfangreicher geworden. Analog zu den vom iOS oder Android bekannten App Stores können Drittanbieter für den Plugin-Store eigene Apps entwickeln, die User dann in GPT-4 (ja, aktuell laufen Apps nur in der Bezahlversion) integrieren. Solche Plugins erlauben beispielsweise die Analyse von Websites auf ihre Suchmaschinenoptimierung, die Zusammenfassung von YouTube-Videos anhand ihrer Untertitel, das Auslesen einzelner URLs oder die Erstellung von spezifizierten Prompts für andere KI-Tools. Bei uns in der Agentur beliebt ist beispielsweise das Plug Photorealistic für Midjourney-Prompts.

Doch trotz KI und trotz Plugins: Die Human Intelligence hinter Promt wird die KI so schnell nicht ersetzen. Denn: Die KI braucht die Anweisungen des Menschen. Er ist der kreative Kopf, der Kontextgeber und Entscheider. Und es liegt an ihm, das KI-Generierte zu validieren, zu schleifen und sinnvoll einzusetzen. 

KI kennt nur Wahrscheinlichkeiten statt Wahrheiten

Eine Künstliche Intelligenz arbeitet mit Routinen. Je häufiger etwas vorkommt, desto leichter fällt es ihr, Dinge sinnvoll zu verknüpfen und diese zu unterscheiden. Ein Beispiel: 

Wir wissen, was eine Katze von einem Hund unterscheidet, wie ihr Körper gebaut und wie weich ihr Fell ist. Die KI weiß das nicht. Um zu wissen, wie eine Katze aussieht, muss sie sehr viele Katzenbilder gesehen haben – aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln, in verschiedensten Abstraktionen und Darstellungsformen. Dann erkennt sie Muster, erstellt ein Modell und leitet daraus ab, dass eine Katze einen langen Schwanz, vier Pfoten und Schnurrhaare hat. Doch da ihr das logische Denken fehlt, kann sie keine Wahrheiten, sondern nur Wahrscheinlichkeiten ableiten: „Dieses Tier im Bild hat 9 von 10 charakteristische Eigenschaften einer Katze – folglich liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich im Bild um eine Katze handelt, bei 90%". Ist die KI nicht gut genug trainiert, könnte sie Dinge verwechseln. Vier Pfoten, einen langen Schwanz und Schnurrhaare haben zum Beispiel auch Marder. 

Schreiben wir einen Text über eine Person oder über ein Erlebnis, horchen wir in uns herein, versetzen uns in eine bestimmte Situation und lassen uns von unserer Recherche, aber auch unserem Vorwissen und Gefühlen leiten. Was haben wir empfunden? Wie gingen wir damit um? Was löst etwas in uns aus? Die KI hat keine Gefühle und kann somit keine Emotionen erzeugen. Bei Texten, die zum Beispiel von stilistischen Nuancen und Erfahrungen leben, stößt sie deshalb an ihre Grenzen. Sie liefert vielmehr einen Durchschnitt – oder aber das wahrscheinlichste Ergebnis. Und das ist nicht immer sonderlich spannend zu lesen.

Gleiches gilt für den Einsatz von KI in anderen Gewerken von Marketing und Kommunikation: Midjourney, Dall-E oder Stable Diffusion können tolle Illustrationen gestalten, Bildwelten komponieren oder Videos animieren – allerdings immer nur auf Basis gelernter Daten und fester Logiken. Für das ganz neue, das noch nie gesehene, braucht es menschliche Gestalter:innen.

Wer anfängt, mit einer KI zu arbeiten, muss außerdem stark darauf achten, ob Inhalte komplett richtig wiedergegeben wurden. Ohne logisches Denken kann die KI Texte oder Daten im Nachgang nicht auf Fehler oder eindeutige Verständlichkeit prüfen. Noch prekärer: Sie verknüpft mitunter Wahrscheinlichkeiten falsch und lässt dann Informationen einfließen, die auf den ersten Blick richtig klingen, aber voll und ganz erfunden sind. Gerade bei langen Texten kann es herausfordernd sein, solche Fehler zu erkennen. Denn die verstecken sich meist im ansonsten faktischen Kontext völlig unauffällig – und fallen nur auf, wenn man tiefes Themenwissen mitbringt. 

Ein einfaches Beispiel: Auf die (als Finte intendierte) Frage, worin denn der Unterschied zwischen Hühner- und Elefanten-Eiern bestehe, stürzte sich ChatGPT in einen fantasievollen Bericht über die Beschaffenheit von Elefanteneierschalen. Der las sich freilich schön, war letztlich aber blanker Unsinn. Oder, in a nutshell: „KI lügt anders.“ 

Routineaufgaben haben einen Wert

Wenig anspruchsvolle oder immer wiederkehrende Aufgaben sind prädestiniert dafür, dass KI sie übernimmt. Kreative oder konzeptionelle Aufgaben, bei denen Künstliche Intelligenz an ihre Grenzen kommt, sind uns vorbehalten. Solche Jobs machen ja auch viel mehr Spaß als monotone Tätigkeiten, oder? 

Jein. Denn was im ersten Moment wünschenswert erscheint, könnte zum Problem werden. Routineaufgaben sind wichtig, um den Kopf freizubekommen und neue Kraft für zerebral anspruchsvolle Tätigkeiten zu tanken. Niemand kann acht Stunden lang auf höchstem Niveau arbeiten. Dazu kommt, dass zum Beispiel aufwändige Recherchetätigkeiten auch dazu dienen, Grundwissen aufzubauen und sich besser in ein Projekt einzuarbeiten. 

Recherchieren, jetzt wo wir KI und Suchmachinen haben? Was im ersten Moment recht überflüssig erscheint, wird auch in Zukunft unverzichtbarer Bestandteil unserer Arbeit sein: Nur wer gut recherchieren kann, kann sowohl fundierte Prompts schreiben als auch die Ergebnisse des KI-Tools überprüfen

ChatGPT: Eine Revolution im Bereich KI?

ChatGPT kann in Sekundenschnelle sogar scheinbar perfekte Texte schreiben, Formate entwickeln und sogar Reiserouten planen. Microsoft sieht dem Chatbot eine große Zukunft voraus und hat inzwischen 10 Milliarden Dollar in die Plattform investiert. Doch sie hat auch ein paar Grenzen:

Zwar punktet ChatGPT (was für „Generative Pretrained Transformer“ steht) mit einem intuitiven Interface und beeindruckender Vielseitigkeit – der Bot kann sogar Sprache in Programmiercode umwandeln. Doch durch den Hype hörte man nicht selten jemanden fluchen, weil die Server schon wieder an ihrer Kapazitätsgrenze waren. Was im letzten Jahr passiert ist? Davon hat die KI keine Ahnung, ihr Wissensstand endet mit Dezember 2021.

Wird dem Chatbot eine Frage gestellt, reiht er Wörter für Wörter aneinander. Es fragt sich: Welches Wort könnte logischerweise nach dem vorigen kommen? Auf Zeile schreiben? Fehlanzeige! Eine Aufgabe sieht der Bot dann als erfüllt, wenn alle relevanten Informationen zur Anfrage aufgeführt sind. Manchmal ist das sogar mitten im Satz der Fall. Würde man das menschlichen Redakteur:innen durchgehen lassen?

Ausblick: Die eigene Kompetenz hinter der KI ist wichtiger denn je

Es ist davon auszugehen, dass KIs mit der Zeit noch besseren Output liefern, sich die Sprünge für uns aber nicht mehr so monumental anfühlen werden. Der Wettbewerb wird größer – im Textbereich gibt es schon jetzt diverse Alternativen zum Platzhirschen, wie Writesonic und Perplexity. Google Bard wird spätestens im Sommer folgen. In Zukunft könnte es auch mehr und mehr unterschiedliche KI-Programme geben, die auf bestimmte Anwendungen, wie zum Beispiel Podcasts oder Animationsvideos, spezialisiert sind. Eine ähnliche Ausdifferenzierung erleben wir bei anderen Funktionen wie Datenanalyse, Design und Post Production.

Die Bedienung wird einfacher, aus Nerd-Produkten werden ganz selbstverständlich und en passant genutzte Apps. Dabei entscheidend ist und bleibt: Die eigene Kompetenz hinter der Bot-Anfrage ist wichtiger denn je. Wir als Expert:innen müssen mit der KI wachsen und besser werden als je zuvor. Gelingt uns das, sind die Möglichkeiten fast schwindelerregend. 

Johannes Priewich SENIOR CONTENT STRATEGIST / TEXTCHEF


Wir bieten einen KI-Werkzeugkasten für Kommunikator:innen

In unseren KI-Workshops verbinden wir Theorie und Praxis,
führen mit konkreten Beispielen an den Einsatz von KI-Tools heran
und zeigen Ihnen wertvolle Tipps und Tricks.

Schreiben Sie unserem Senior Content Strategist und Managing Editor Johannes Priewich gerne eine E-Mail oder vereinbaren Sie einen kostenlosen Kennenlerntermin mit uns.