ChatGPT ist allgegenwärtig – dabei hat das KI-Tool Grenzen. Und: Halluzination ist ein großes Problem. Wer für die Netzrecherche eine leistungsstarke KI-Assistenz sucht, der sollte sich Perplexity und Co. einmal genauer ansehen.

Jetzt ist es raus: KI ist kreativer als der Mensch. Forschende der Universität Arkansas haben das kreative Potenzial von ChatGPT 4 mit dem des Menschen verglichen. Hier ging es vor allem um das sogenannte Divergent Thinking: Es gilt als Indikator für Kreativität und meint die Fähigkeit, auf Fragen, die wir nicht eindeutig oder erwartbar beantworten können, eine einzigartige Lösung zu finden.

Das Ergebnis: ChatGPT 4 antwortete nicht nur ausführlicher, sondern auch origineller als die 151 menschlichen Teilnehmenden und damit in allen drei durchgeführten Tests kreativer. Mic Drop.

Die Sache hat allerdings einen Haken. Die Antworten der KI wurden nicht auf ihren Realitätsbezug und ihre Anwendbarkeit hin bewertet. Es könne auch sein, so die Forschenden, dass die Gruppe der menschlichen Probanden beim Kreativsein schlichtweg zu viele Reality Checks gemacht hat. Das wiederum könnte zu den (scheinbar) weniger kreativen Antworten geführt haben. 

Umsetzbarkeit, Plausibilität, Kontext: All das denkt eine KI eben nicht automatisch mit. Im Gegensatz zu uns. Dass generative KI es mit der Realität nicht so genau nimmt, wissen die meisten. Dass wir deshalb gut daran tun, jeden KI-Output auf faktische Richtigkeit zu prüfen, ergibt sich daraus. Von herbeihalluzinierten Reise-Influencer:innen bis hin zu erfundenen Buchtiteln samt fiktiver Autor:innen: Die haltlose KI-Magic kennt keine Grenzen. Insofern bestätigt die Studie der US-Forscher:innen Erfahrungen aus der Praxis.

Das KI-Tool muss zur Aufgabe passen

Also doch lieber altmodisch alles weiter selbst googlen statt ChatGPT fragen, damit man nicht später mühsam nachrecherchieren muss? Jein. Es stellt sich eher die Frage, welches KI-Tool für welchen Case das richtige ist. Btw: Nicht jeder Case ist auch ein Anwendungsfall, den ein KI-Tool allein lösen kann. Wir kommen noch darauf.

Wer viel im Netz recherchiert und dafür einen leistungsstarken KI-Assistenten braucht, muss sich jedenfalls nicht allein auf ChatGPT verlassen. Der KI-Chat Perplexity ist hier eine sehr gute Alternative. Das Tool durchsucht viel umfassender als ChatGPT das Internet und ist damit immer auf einem sehr aktuellen Wissensstand. Und: Perplexity gibt die Quellen als direkt verlinkte Fußnoten an. Jede Information lässt sich direkt aus dem Tool heraus ganz einfach überprüfen. 

Perplexity ist überhaupt ein exzellenter Sparringspartner: Weiterführende Fragen, die an die weiteren Fragen in den Google SERPS erinnern, geben Denkanstöße und helfen, ein Thema inhaltlich zu durchdringen. Erneutes Prompten kann man sich sparen: Ein Klick auf die Frage genügt und das Tool startet die nächste Iteration. Hier nimmt uns die KI also mal an die Hand – und nicht nur wir die KI. 

Perplexity gibt es in drei Varianten:

  • kostenfrei als Gast-User:in ohne Anmeldung
  • mit personalisiertem Account
  • als Bezahlversion

Die Bezahlversion für 200 Dollar im Jahr oder 20 Dollar pro Monat braucht es nicht, selbst unsere recherchebewussten Kolleg:innen in unserer Kommunikationsagentur In A Nutshell kommen gut mit der Account-Version aus. In dieser Variante lässt sich ein äußerst hilfreicher Radio-Button namens Pro unter dem Suchschlitz nutzen. Wenn man ihn aktiviert, steigt die Qualität der Ergebnisse deutlich, die Anzahl und Güte der Quellen ebenso. Statt sonst nur 3 bis 5 Quellen, zeigt Perplexity nun oft mehr als 20 an, und zumeist sind die auch wirklich substanziell. Alle 4 Stunden hat man mit Pro-Button und Login 5 Anfragen frei. In der Bezahlversion gibt es zusätzlich dauerhaft Zugriff auf die sogenannten Pro Features und kann zum Beispiel zwischen verschiedenen KI-Sprachmodellen wählen (u.a. GPT-4, aber auch Claude 3 oder Gemini). 

Wir verwenden Perplexity zum Beispiel für Marktanalyse und Konkurrenzrecherche, auch in Kombination mit anderen KIs wie Microsoft Copilot oder ChatGPT. Nehmen wir zum Beispiel einen Jahres-Kommunikationsplan: Wenn in diesen nicht nur die eigene Kampagnenplanung einfließen soll, sondern auch Jahrestage zu bestimmten Themen, Events und Produktreleases der Konkurrenz, ist die Recherche mit Perplexity schnell in gewünschter Tiefe erledigt. Die Ergebnisse lassen sich nun als Text oder PDF in ChatGPT als Basis fürs Prompting einspeisen. ChatGPT kann dann zum Beispiel eine Tabelle erzeugen, die wir in Excel hochladen und mit MS Copilot weiter verfeinern.

Microsoft Co-Pilot: Noch nicht so gut wie erwartet

Illusionen sollte man sich trotzdem nicht machen: Einen solchen Kommunikationsplan in ein, zwei simplen Arbeitsgängen komplett und ausschließlich mit GenAI zu erstellen, wird nicht funktionieren. Der zuletzt viel gelobte Microsoft Co-Pilot zum Beispiel ist für solche Aufgaben noch nicht weit genug. Sowohl beim Erstellen von Präsentationen in MS Powerpoint als auch beim Bearbeiten von Tabellen kommt man ab einem gewissen Komplexitätsgrad noch schnell an die Grenzen der Microsoft-KI. Und dann sind wir wieder gefragt. 

Die Copilot-App beeindruckt aber trotzdem bereits jetzt mit ausführlichen und mit durch Quellen belegten Antworten. Zwei weitere Tool-Tipps haben wir noch: Das GPT „Consensus“ –- wie alle CustomGPTs nur mit einem aktiven ChatGPT Plus Account verfügbar – liefert wissenschaftliche Quellen und greift nach eigenen Angaben auf stolze 200 Millionen wissenschaftliche Paper zu. 

Eine KI-Alternative für die Netzrecherche ist auch „Gemini“. Die im Februar gelaunchte Google-KI gibt ebenfalls Quellen an, jedoch offenbar nicht so verlässlich wie Perplexity oder Consensus. Wird eine Website direkt zitiert, wird die Quelle laut Google in jedem Fall als Verweis angegeben. Wenn Gemini für eine Antwort den Google Workspace heranzieht, also etwa E-Mails, Google Docs oder Google Tabellen, kennzeichnet Gemini auch das. Hier haben also die User:innen und Organisationen Vorteile, die eine gut gepflegte Dateiablage haben. 

Der ultimative Prompt-Kniff

Ein Tipp zum Schluss: Wer mit den Ergebnissen eines KI-Tools nicht zufrieden ist, sollte dem Prompt eine klare Rolle voranstellen, die das Tool einnehmen soll. Und zwar nach dem Muster “Du bist ein …”. Das steigert die Qualität des Outputs deutlich. Wissenschaflter:innen haben eben andere Anforderungen an eine Netzrecherche als Social-Media-Editors. Auch da zeigt sich: Wir müssen (immer noch) kreativ werden. Auch und besonders im Umgang mit KI.