Vor vier Wochen, vor Corona, hätten wir beim Gedanken an stundenlange Videokonferenz-Meetings aus dem Home Office noch den Kopf geschüttelt. „Vor Corona“ – diese Zeit ist gefühlt jedoch ganz weit weg. Seitdem hat sich auch der Austausch zwischen Agenturen und Unternehmen massiv geändert. Unser virtueller Halbtages-Workshop per Videokonferenz mit der Kommunikationsabteilung eines Münchner Tech-Konzerns in dieser Woche ist das beste Beispiel.

Wir waren durchaus mit Respekt in den Termin gegangen: Das Energielevel bei einem Dutzend großteils unbekannter Menschen hoch zu halten, die vier Stunden in diversen Home Offices vor ihren Laptops sitzen, das würde eine Herausforderung. Nur: Verschieben war unmöglich, die Inhalte ließen sich nicht noch mehr komprimieren, und dass wir virtuelle Zusammenarbeit sowieso neu erfinden müssen, haben inzwischen (fast) alle verstanden. Umso schöner war am Ende das Feedback, dass sich der Vormittag eigentlich angefühlt habe wie im „echten Leben“. Und dass wir die nächste Session gerne wieder im gleichen Format machen könnten.

Wahrscheinlich ist genau das ohnehin alternativlos. Daher hier fünf Punkte, auf die es ankommt, damit solche virtuellen Meetings zum Erfolg werden:

1. Kamera läuft! „Wir können ihnen nicht zumuten, sich alle im Arbeitszimmer oder am Küchentisch zeigen zu müssen“, war unser erster Impuls bei der Konzeption gewesen. Wir baten die Teilnehmer:innen dann doch, ihre Laptop-Cams anzuschalten – die beste Entscheidung des Tages: Erstens, weil sich viel mehr digitale Nähe herstellen lässt, wenn man in andere Gesichter blickt. 
Zweitens, weil Diskussionen zwischen Menschen, die sich sehen, erkennbar strukturierter ablaufen – weil sie disziplinierter sind und einander mehr Aufmerksamkeit schenken. Und drittens, weil es sehr lustig ist, wenn im Hintergrund ein kleiner Junge sein Playmobil-Flugzeug probefliegt, während vorne der Vater die Kommunikationsziele der Business Unit erläutert.

Lösen Sie die Gruppe zwischendurch auf

2. Ein digitaler Konferenzraum reicht nicht. So wie man in jedem „klassischen“ Workshop Formate und Gruppengrößen variiert, brauchen auch digitale Meetings verschiedene Ebenen. Es genügt nicht, wenn hin und wieder Moderator:in oder Farbe des Slide Decks wechseln. Ganz wichtig ist, das Plenum von Zeit zu Zeit aufzulösen. Dazu bieten sich virtuelle Breakout-Rooms an, wie Google Hangout oder Microsoft Teams sie ermöglichen. Der:die Moderator:in richtet vor dem Workshop die notwendige Anzahl separater Räume ein, deren Zugänge er oder sie dann an der passenden Stelle im Meeting im Chat teilt. 
Aus unserer Großgruppe wurden so z.B. kurzfristig drei Viererteams, die individuelle Fragestellungen bearbeiteten, sie auf gemeinsam genutzten Dokumenten in der Cloud festhielten und die Notizen anschließend wieder mit ins Plenum nahmen. 
Jede Gruppe hatte eine:n Moderator:in von In A Nutshell als Timekeeper und virtuellen Türöffner (individuelle Hangout-Räume z.B. kann man nämlich nicht betreten, wenn man digital einer anderen Organisation angehört). 
Noch zwei Tipps: unbedingt mit Headset arbeiten, das vermeidet Rückkopplungen. Und: Raumzuordnungen schriftlich auf der Master-Präsentation dokumentieren, sonst verlaufen sich die Teilnehmer – das ist digital genauso wie im echten Leben…

So sieht ein Workshop im Homeoffice aus.

3. Puls-Checks nicht vergessen. „Bitte tippt mal ganz schnell eine Zahl von 1 bis 10 in den Chat, wie viel Energie Ihr noch habt. 10 heißt topfit.“ Bei allen Bemühungen um digitale Nähe: So nah dran an den Teilnehmer:innen sind wir in virtuellen Räumen nie. Umso wichtiger sind regelmäßige Puls-Checks, die über einfache Tools wie Mentimeter, über Chat-Umfragen oder per Emoji-Voting ablaufen können. 
Zum Start unseres Workshops hatten wir z.B. alle Teilnehmer:innen gebeten, auf einem geteilten Google Slide aus einem großen Emoji-Set das zu ihrer Stimmung passende auszuwählen. Das sollten sie dann auf ihren am Slide notierten Namen ziehen. Die Übung war ein wunderbarer Eisbrecher. Vor allem aber zeigte sie uns, welche:r Teilnehmer:in ein:e potenzielle:r Kritiker:in sein oder wer als besonders stiller Charakter Zuspruch brauchen könnte.

4. Alle sammeln, einer sortiert. Egal, wie gut die Moderation ist, Aufmerksamkeit ist virtuell begrenzt. Natürlich können Sie die Teilnehmer:innen bitten, Outlook und Slack auszustellen. Was aber in Präsenzmeetings kaum klappt, gelingt remote noch weniger. Umso wichtiger ist, dass zumindest in den Brainstorming-Phasen alle ihren Input selbst notieren: Beteiligung drückt per se Wertschätzung aus. Und je mehr Menschen mitgestalten dürften, desto engagierter unterstützen sie einen Prozess auch in der Folge. Als Tools nutzen wir gerne Online-Whiteboards wie Miro (früher als „Realtimeboard“ bekannt), Kanban-Boards wie Trello, aber auch kollaborativ zu befüllende Docs und Tabellen. Wenn es anschließend ans Sortieren geht, übernimmt allerdings besser der:die Moderator:in, sonst endet die Zusammenarbeit im Chaos. 

Doppelt hält besser: Testen Sie die Umgebung vorher

5. Mehr Akku, bitte! Natürlich sind Bluetooth-Headsets praktischer als kabelgebundene Modelle. Zumindest so lange, wie der Akku hält … Gerade bei Halbtages-Workshops sollte man den Teilnehmer:innen diesen Tipp vorab geben. 

Und noch ein Bonustipp: Nehmen Sie sich vor komplexen Meetings unbedingt Zeit für eine Generalprobe! Auch wenn theoretisch alles gut durchdacht ist – so können technische und dramaturgische Stolperfallen noch offenbart werden. Uns haben die bisherigen Generalproben jedenfalls sehr geholfen, um an diversen Stellen nachzujustieren.

Fazit: Virtuelle Workshops erschienen uns vor Corona noch als Notlösung (oder Chance, im Mute-Mode liegen gebliebene Nebensächlichkeiten abzuarbeiten). Heute freuen wir uns auf jede Session. Denn gut vorbereitet und abwechslungsreich gestaltet, können solche Meetings Teams zusammenschweißen, räumliche Distanz überwinden und steile Lernkurven bieten. Letzteres gilt nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Art, wie wir künftig zusammenarbeiten. Denn eines dürfte jetzt schon klar sein: Die Zeit ständiger Präsenzmeetings ist seit März 2020 ein für alle Mal vorbei.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit Virtual Meetings? Gerne hier per Kommentar teilen!